17.11.2020

Jugend weit draußen auf den 100 Dörfern der Stadt Hennef

Von nora

Hennef, eine Stadt im Rhein-Sieg-Kreis in NRW, nennt man auch gern die Stadt der 100 Dörfer. Denn rund die Hälfte der 48762 Einwohner (Stand 2020) wohnen in den ca. 100 umliegenden Dörfern der Stadt. Das kleinste Dorf, Altglück, beherbergt gerade mal einen einzigen Einwohner, das größte Dorf, Uckerath, hingegen 3284. Ich selbst komme aus Hennef-Oberauel und liebe all die schöne Natur, die Wandermöglichkeiten und die nahegelegene Sieg, die im Sommer zum baden einlädt. Trotzdem erinnere ich mich auch noch gut an meine Jugend und späte Kindheit, als es doch recht lästig war, auf Busse und Bahnen angewiesen zu sein, um irgendwo hin zu kommen. Denn sagen wir es wie es ist: Auf dem Dorf ist eben einfach nichts los.

Mit dem Bus von Dorf zu Dorf

Genau dort setzt das neue Projekt der Stadt Hennef an. Das Amt für Kinder, Jugend und Familien (Bereich Jugendförderung) hat Anfang 2020 das Projekt JWD – Jugend weit Draußen ins Leben gerufen. Mit einem großen Bus, bepackt mit allen möglichen Utensilien für Spiel und Spaß, fährt das kleine Team täglich ein Dorf an. Jeden Nachmittag in der Woche ein anderes. Die aktuellen Informationen dazu findet man immer ganz aktuell auf Instagram.

Durch Instagram bin auch ich auf das Projekt gestoßen und war sofort Feuer und Flamme. Mir war klar: Das möchte ich mir anschauen und unbedingt mehr darüber erfahren. Gesagt, getan. Nachricht geschrieben, eine unglaublich nette Antwort erhalten, Termin ausgemacht und schon kurz darauf bin ich mit Kamera und Aufnahmegerät im Gepäck mit dem Rad zu JWD gefahren. Und da ich finde, dass wir unseren Arbeitsalltag ruhig ein bisschen moderner und entsprechend familiengerechter gestalten sollten, habe ich kurzerhand mein Kind mitgenommen. Nicht weil ich musste, sondern weil ich es wollte und immer wieder erlebe wie Kinder uns in so vielen Situationen einfach bereichern.

Das Team begrüßt uns herzlich und sucht direkt nach passendem Spielzeug. Zwar ist das Projekt erst für Kinder ab 6 Jahren gedacht, aber wir fühlen uns direkt willkommen. Sofort raten die Kinder, was ich hier wohl so mache. Detektiv ist der erste Tipp. Na ein bisschen geht das doch schon in die richtige Richtung. Schließlich will ich ganz viel erfahren über den Fall JWD. Irgendwann werde ich mit Karla Kolumna verglichen, der rasenden Reporterin aus den Kindergeschichten von Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen. Zwar rase ich auf meinem Fahrrad nicht ganz so schnell wie Karla auf ihrem Motoroller, aber ich finde das ist richtig gut geraten. Heute besuche ich das JWD Team in Hennef-Bröl, am Waldrand neben dem Spielplatz des Ortes. Man sieht ihn sofort, den großen Bus und ich fühle mich direkt eingeladen. Das Kern-Team besteht aus Jana Heiser und Christian Schmeisser. Unterstützt werden die Beiden zur Zeit von einer Praktikantin, die mit Feuereifer dabei ist und einem ganz liebenswürdigen BFDler, der beim JWD seinen Bundesfreiwilligendienst leistet.

Es ist vier Uhr nachmittags und ich hole gleich meine Kamera hervor, um das letzte winterliche Tageslicht zu nutzen. Wir sind draußen und alle sind warm eingepackt. Der Bus steht offen, auf der Seite prangt das JWD-Logo in lila-orange und das Team hat einen kleinen Pavillon aufgebaut mit Tischen und Stühlen. Ich frage, wie das eigentlich jetzt klappt – so im kalten Winter. Jana erzählt, dass sie auf die Vereinsheime der Dörfer angewiesen sind und daher im Winter auch nur Dörfer anfahren können, die Räumlichkeiten anbieten können. Schade, denke ich. Damit ist Oberauel für den Winter raus. Enttäuscht sein muss ich aber nicht, sagt Jana. Sie erklärt, dass es eben darauf ankomme, auch die Dörfer wieder näher zueinander zu bringen. Nachbardörfer, die sich fußläufig erreichen können oder einfach nah beieinander liegen, sollen wieder eine Beziehung zueinander bekommen. Die Kinder, die teilweise auf die gleiche Schule gehen, wollen sie auch am Nachmittag zusammen bringen.

„Wir haben in unserem Bus gefühlt alles. Alles was das Kinderherz höher schlagen lässt.“

Die Freizeitangebote richten sich immer nach den Bedürfnissen der Kinder und können von einfachem Fußballspiel, über Mal- und Bastelaktivitäten bis hin zu spannenden neuen Gerätschaften reichen. Die Hüpfstange sei momentan der Renner, sagt Jana. Manchmal gibt es sogar eine Seilbahn und richtige Klettermöglichkeiten, die das Team mit den Kindern im Wald aufbaut oder quer über den Schulhof von Uckerath. Das Konzept ist vor allem offene Kinder- und Jugendarbeit: „Die Materialen sind da und die Kinder machen. Und die Kinder machen so coole Sachen.“, erzählt Jana stolz. Sie ist mit Leib und Seele dabei. Es gehe vor allem darum, einfach da zu sein als begleitende Person. Ein offenes Ohr haben, einfach mal zuhören, die Kinder sehen, wahrnehmen und wertschätzen in ihren Bedürfnissen und auf Augenhöhe respektvoll miteinander umgehen.

In den Ferien werden immer wieder größere Projekte umgesetzt. So gab es z.B. vor Kurzem ein Fotoprojekt, bei dem die Kinder mit Kameras und Tablets losgezogen sind, um fotografisch festzuhalten, was sie an ihrem Dorf schön finden. Das Dorf mal aus Sicht der Kinder sehen, war die Idee – Kindern eine Stimme geben. Das ganze wurde dann im Rahmen eines Fotowettbewerbes umgesetzt. Die Gewinner werden bald auf dem Instagram-Account vom JWD bekannt gegeben.

Außerdem gab es ein Projekt zum Thema Vielfalt, an dem jeden Tag eine andere Vielfalt besprochen wurde, wie z.B. körperliche Vielfalt, religiöse Vielfalt, sexuelle Vielfalt, nationale Vielfalt. „Am Ende der Woche ist jedes Kind nach Hause gegangen und hat gesagt: Ist doch egal wie man ist!“, erzählt Jana begeistert.

JWD lädt dazu ein Dinge auszuprobieren, bietet Kindern einen Ort zum Spielen, Entdecken und neues Lernen an, bietet ihnen in Gesprächen und Projekten einen Blick über den Tellerrand, leistet Aufklärungsarbeit und tritt für Toleranz und Gleichberechtigung ein.

Die Kinder sind selbständig. Kommen und gehen allein oder werden von den Eltern gebracht/abgeholt, je nach Absprache. In Zukunft wünscht sich das Team auch mehr Jugendliche und Kinder mit Behinderung am JWD Bus. Alle sind willkommen. Hier wird Inklusion gelebt.

Ehrenamtler gesucht!

Das Team freut sich über alle Eltern oder andere Erwachsene, die das Team vor Ort auf den Dörfern unterstützen möchten. Meldet euch oder kommt einfach vorbei.

Dein Dorf ist nicht dabei? Schreib JWD doch einfach mal an und vielleicht kommt der Bus auch bald zu euch.

Achtung: Zur Zeit herrscht aufgrund von Corona eine Teilnahmebegrenzung. Infos dazu findest du auf dem JWD Instagram-Account: https://www.instagram.com/jwd_hennef.

Bei Fragen könnt ihr euch aber auch telefonisch unter 02242 888 427 oder direkt beim JWD-Team bei Jana Heiser (0171 19 69 132) oder bei Christian Schmeisser (0160 38 57 188) melden.

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